Antragstext

  1. Die Stadtverordnetenversammlung begrü.t das initiierte Bürgerbegehren und die damit verbundene basisdemokratische Initiative.
  2. Die Stadtverordnetenversammlung bittet den Magistrat, seinerseits alle Vorkehrungen zu treffen, um bei einer rechtzeitigen Abgabe der Unterschriften einen Wahltermin am 9.6.2024 gemeinsam mit der Europawahl zu ermöglichen.
  3. Die Stadtverordnetenversammlung wird erforderlichenfalls zu einer Sondersitzung zusammenkommen.


Redebeitrag der Stadtverordneten Christina Laube

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben in der CDU-Fraktion lange überlegt, wie wir uns zu diesem Antrag verhalten.

Einerseits begrüßen wir selbstverständlich jegliche Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern und freuen uns, wenn sich Menschen für eine Sache nicht nur verbal aussprechen, sondern sie aktiv verfolgen. Insofern sind wir dankbar für jeden, der sich in die Gemeinschaft einbringt, der mehr tut, als sich nur am Stammtisch zu beschweren und der konkrete Maßnahmen ergreift, um seine Meinung durchzusetzen.
 
Wir freuen uns über den mündigen Bürger, weshalb wir auch vor einigen Wochen den Antrag auf Durchführung eines Vertreterbegehrens abgelehnt haben. Die Bürgerinnen und Bürger können selbst entscheiden, wie sie mit einem Thema umgehen. Sie benötigen keine Vorgabe der Stadtverordnetenversammlung, die ihnen von oben herab aufgibt, sich zu einem Thema zu äußern. Sie können sich selbst äußern und tun dies derzeit ja auch, so stellen wir uns Demokratie vor.
 
Demokratische Vorgänge müssen aber auch die demokratischen Spielregeln beachten, die ganz selbstverständlich darin bestehen, dass man Sachverhalte objektiv darstellt, Argumente nicht verschönt und keine Behauptungen aufstellt, die unrichtig sind oder keine reale Grundlage haben.
 
Sehr enttäuscht haben wir deshalb festgestellt, dass mit dem Begründungstext des Bürgerbegehrens versucht wird, das Thema schon von vornherein in eine bestimmte Richtung zu treiben und man nicht davor zurückgeschreckt, unwahre Behauptungen aufzustellen.
 
Im Text der Unterschriftenliste heißt es
Die Ausweisung der Vorrangflächen wurde im Hessischen Landtag beschlossen.
Die Behauptung ist falsch, nicht der Hessische Landtag, sondern die Regionalversammlung hat den entsprechenden Beschluss gefasst.
Mit der falschen Behauptung wird der Eindruck erweckt, von höchster Ebene sei der Bau von Windrädern im Wald von Oestrich-Winkel vorgegeben. Den Bürgerinnen und Bürgern wird suggeriert, die bisher im Landtag herrschende Mehrheit von CDU und Grünen habe diesen Beschluss gefasst und den Wählern diese Vorgehensweise empfohlen.
Der angebliche Beschluss des Landtages soll suggerieren, dass es sich bei dem Projekt um eine von einer großen Mehrheit gewünschte Maßnahme handelt, die sozusagen den „Segen der Politik“ erhalten hat. Unterschwellig wird vorgebracht, dass doch auch die große Politik Windräder in Oestrich-Winkel wünscht und sich der Bürger in gewisser Weise veranlasst sieht, als treuer Staatsbürger diesem Wunsch zu folgen.
 
Zur Kostendeckung wird vorgetragen
Die Kosten werden durch das Einnahmepotential in Höhe von jährlich ca. 200.000 Euro pro Windkraftanlage durch Pacht, Kommunalabgabe und Gewerbesteuer refinanziert.
 
 
Die Behauptung ist falsch, derartige Pachterlöse sind völlig unrealistisch. Mit keinem Wort wird erläutert, wie man zu diesem Betrag gelangt, die einschlägigen Erfahrungswerte zeigen im Gegenteil, dass allenfalls die Hälfte der genannten Summen, dies zudem nur bei besonderer Windhöffigkeit (die im Rheingau nicht gegeben ist) realistisch ist.
Um was es sich bei der „Kommunalabgabe“ handeln soll, wird nicht erläutert, eine solche gibt es nicht.
Einnahmen aus Gewerbesteuer sind in den ersten zehn Jahren nach der Errichtung eines Windrades nicht zu erzielen, auch dies zeigen die Erfahrungen aus anderen Anlagen.
Mit dieser Behauptung „200.000 € jährlich pro Windrad“ wurde auch in der Presse und sonstigen Veröffentlichungen wiederholt vorgebracht, dass mit diesen Einnahmen finanzielle Probleme der Stadt gelöst und auf einfache Weise erhebliche Einnahmen erzielt werden können. Es handelt sich um eines der Hauptargumente der Kampagne, mit dem den Bürgerinnen und Bürger, auch in Veranstaltungen und sonstigen Veröffentlichungen, vorgegaukelt wird, dass mit der Errichtung von Windrädern die finanziellen Probleme der Stadt gelöst werden können.

Dazu heißt es in der Begründung auf den Unterschriftenlisten

Dazu entstehen durch Pachteinnahmen und Ertragsbeteiligung neue und nachhaltige Einnahmequellen. Dies ist gerade für unsere Stadt, die sich derzeit in einer Haushalts-notlage befindet, eine gute Möglichkeit, mit dauerhafter Perspektive notwendige Ausgaben bei reduzierter Steuerbelastung zu finanzieren.

Es wird also gezielt behauptet, durch die zu erwartenden enormen Einnahmen würden Steuerhöhungen überflüssig, die Höhe der behaupteten Einnahmen ist also eine der entscheidenden Argumentationssäulen des Bürgerbegehrens.
 
Wir bedauern sehr, dass das grundsätzlich zu begrüßende Bürgerbegehren damit von vornherein eine Schlagseite hat, die wir nicht gutheißen können. Wir begrüßen jegliche Initiativen von Bürgern, sprechen uns aber ebenso deutlich gegen jegliche Falschinformationen aus.
 
Wir können deshalb diese aktuelle Initiative nicht begrüßen und bedauern sehr, dass die Initiatoren durch unwahre Behauptungen dem Bürgerbegehren einen Bärendienst erwiesen haben.

Wir lehnte diesen Antrag daher ab.

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